Museum als Ort der Konfrontation

Fragen an die neue Leiterin des Museums für Neue Kunst

Dr. Christine Litz, neue Leiterin des Museums für Neue Kunst in Freiburg Foto: Rosa Maria Rühling

Seit 1. Juni ist Dr. Christine Litz im Amt. Sie leitet jetzt das Museum für Neue Kunst der Stadt Freiburg. Die studierte Kunsthistorikerin machte durch Projektleitungen bei „skulptur projekte münster 07“ (2005–2007) und der Kasseler Documenta 13 (2009–2012) auf sich aufmerksam. Zwischenzeitlich arbeitete sie in der politischen Verwaltung und war Referentin für Bildende Kunst beim zuständigen niedersächsischen Landesministerium. Martin Flashar sprach mit Christine Litz.

Kultur Joker: Liebe Frau Litz, vor wenigen Wochen traten Sie Ihren Job in Freiburg an, haben Sie schon erste Eindrücke gewinnen können, zum Beispiel über die Kunst im öffentlichen Raum in unserer Stadt?

Litz: Kunst im öffentlichen Raum interessiert und begleitet mich seit langem. Hier geht es mir vor allem um die Frage: Was ist privat, was ist öffentlich, welche Rolle kann Kunst spielen, wie wollen wir unseren Lebensraum gestalten?
Deswegen strukturiere ich meine Spaziergänge durch die Stadt mithilfe der von Michael Klant herausgegebenen Bände zur Skulptur im öffentlichen Raum in Freiburg. Ich freue mich beispielsweise jedes Mal, wenn ich einen Blick in die Installation „Archäologie der Zukunft“ von Raymond E. Waydelich werfen kann, die immer Mal aufblitzt, wenn aus der Tiefgarage am Augustinerplatz ein Auto hinein- oder hinausfährt.
Ganz beeindruckt bin ich von der Leuchtschrift, die derzeit auf dem Stadttheater thront: Sie macht mich neugierig und nachdenkend über das, was das Herz der Stadt und ihre Kunst ausmacht.

Kultur Joker: Welche Ideen bringen Sie aktuell von der großen Bühne der Documenta mit nach Freiburg?

Litz: Die Documenta(13) steht dafür, mit und durch die Kunst quer und komplex zu denken und zu agieren. Sie nimmt sehr konkret Bezug auf die Stadt Kassel, deren Geschichte und Bedingungen. Ein Großteil der künstlerischen Arbeiten ist speziell für die Ausstellung geschaffen worden. Dieses Bewusstsein für den Ort und das Reagieren, Aufnehmen und Einbinden ist eine Idee, die sich lohnt, für Freiburg weiterzuspinnen.
Die Documenta (13) hat nicht zuletzt durch die Einbindung der Bürger und Bürgerinnen in die Vermittlung und Führungen eine Chance genutzt, sich der Potentiale und Wünsche der Menschen bewusst zu werden, anders zu denken, vernetzter zu agieren, gemeinsam zu handeln.
Wichtig ist für die Documenta, aber auch für mich hier, eine Vernetzung und Zusammenarbeit mit Institutionen in der Stadt und auch in der unmittelbaren Umgebung herzustellen. Das sind beispielsweise die wunderbare Sammlung Grässlin in St. Georgen sowie private Sammlungen und Institutionen auch der benachbarten Schweiz und Frankreichs und natürlich darüber hinaus.

Kultur Joker: Können Sie schon Ausstellungsvorhaben für die nächsten Jahre mitteilen?

Litz: Über das Ausstellungsprogramm 2013/2014 kann ich noch nicht viel verraten. Die erste Ausstellung, die ich vom 24. November 2012 bis 7. April 2013 zeigen werde, ist eine Einzelausstellung mit Peter Dreher. Er schenkt dem Museum für Neue Kunst fast 500 Bilder aus seiner 1974 begonnenen und bis heute andauernden Gläser-Serie, die den Titel „Tag um Tag guter Tag“ trägt.
Zudem feiert Dreher in diesem Jahr seinen 80. Geburtstag. Eine glückliche Konstellation, mit diesem Geschenk die Leitung des Museums anzutreten und willkommener Anlass, eine große Ausstellung mit seinen Werken zu machen, die in der Ausstellungshalle im Augustinermuseum gezeigt wird. Dreher ist einer der großen deutschen Maler, er hat durch sein präzises, beständiges und eigenwilliges Werk großen Einfluss auf nachkommende Generationen und ist noch immer voller Schaffenskraft. In der Ausstellung werden neben der berühmten Gläser-Serie auch ganz neue Blumen-Gemälde zu sehen sein, die Dreher derzeit malt.

Kultur Joker: Die Kuratierung neuer Kunst ist ja zugleich auch eine kulturpolitische Angelegenheit. Wie sehen Sie da Ihre Rolle in Freiburg?

Litz: Gute Kunst ist immer politisch, so wie unser Leben auch politisch ist. Mich interessiert, was Freiburg ausmacht. Ökologie, Forschung, alternative Lebensmodelle, das sind sicherlich einige der Stichworte, die einem sofort in den Sinn kommen. Das Museum ist für mich ein sozialer Ort, an dem Auseinandersetzung, Offenheit, Konfrontation ihren Platz haben.

Kultur Joker:
Gewiss haben Sie bereits von der Idee einer Bewerbung Freiburgs um den Titel „Europäische Kulturhauptstadt“ gehört. Wie ist Ihre Position?

Litz: Ich weiß aus meiner Zeit in Münster, das sich vor einigen Jahren für den Titel beworben hat, dass dies eine große Chance sein kann. In Münster ist es damals gelungen, die Bürgerinnen und Bürger einzubinden und zu begeistern. Da war es am Ende gar nicht so wichtig, dass sie den Titel nicht bekommen haben. Das Klima hatte sich aber nachhaltig verändert. Das war für Münster ein Glücksfall und ist vielleicht auch so nicht auf andere Städte übertragbar. Die genauen Freiburger Ideen und Pläne habe ich noch nicht kennenlernen können.

Kultur Joker: Liebe Frau Litz, wir danken für das Gespräch.