Auf dem Beiboot

Peter Carp zeigt am Theater Freiburg mit der Adaption von Peter Hürlimanns Novelle „Das Gartenhaus“ seine Handschrift

Thomas Hürlimanns Novelle „Das Gartenhaus“ erschien 1989, vor drei Jahren inszenierte sie Freiburgs neuer Intendant Peter Carp am Theater Oberhausen, seiner vorherigen Wirkstätte. Nun hat er sie für das Kleine Haus des Theater Freiburg adaptiert – Es ist die erste, wenn auch nicht eben neue Inszenierung des Intendanten, die in Freiburg zu sehen ist.

Die Schauspieler Margot Gödros und Hartmut Stanke in "Das Gartenhaus". (© Tanja Dorendorf)
Die Schauspieler Margot Gödros und Hartmut Stanke in „Das Gartenhaus“. (© Tanja Dorendorf)

Es ist Herbst in Zürich. Mengen von Laub liegen auf der Bühne und sobald eine der Holzverschalungen von Kaspar Zwimpfers Bühnenbild fällt, steigt eine Laubwolke auf, um im nächsten Moment wieder niederzugehen. Die Laetita ist kein schwerer Dampfer, sondern ein lichtes Gebilde mit Wänden, die sich verschieben lassen und so immer wieder neue Räume bilden können. Doch wenn die Villa das Schiff ist, dann ist das Gartenhaus das Beiboot. Klavierklänge und Ledersessel verbreiten Salonatmosphäre, der Alkohol befindet sich in Reichweite.

„Das Gartenhaus“ erzählt von der Trauer eines alten Paares (Margot Gödrös, Hartmut Stanke), dessen Sohn vor ihm gestorben ist. Es ist nicht ihr einziges Kind, aber das, um das sie am härtesten gekämpft haben. Ihre nicht ganz unneurotische Tochter Zizi (Anja Schweitzer) steckt in einer freudlosen Ehe mit Schacht (sehr komisch: Henry Meyer) fest. Dieser wollte eigentlich immer den Bruder und nahm aus gesellschaftlicher Konvention die Schwester. Seine enervierenden Plattitüden passen gut zu seinen Dreiteilern.

Doch vorerst spielt sich das Leben der Eltern zwischen Friedhof und ihrer Villa ab. Es bewegt sich auf verschiedenen Spuren, bereits die Frage, ob ein Grabstein oder ein Baum an den Sohn erinnern soll, entzweit die beiden. Die Fütterung einer Wildkatze auf dem Grab des Sohnes lässt den Konflikt dann endgültig eskalieren. Ihre Geschichte begann einmal als Liebe auf den ersten Blick, doch das ist lange vorbei. Man zieht in Ledermantel und geschmackvoller Jackett-Rock-Kombination los, naturgemäß in Schwarz (Kostüme: Gabriele Rupprecht).

Hürlimanns Text wahrt auf eine sehr menschenfreundliche Weise Distanz. Stefanie Carps Textfassung berücksichtigt dies, indem sie die Passagen, die die Handlung vorantreiben oder einen Einblick in das Innere der Figuren geben, diesen belässt. Das Mittelbare charakterisiert nicht allein einen Zustand des Dazwischen, wie den der Trauer, es hat auch etwas mit Haltung und Humor zu tun.

Nimmt man diese Inszenierung als Hinweis auf das, was von Peter Carps Intendanz zu erwarten ist, deutet es auf Schauspielertheater hin. Nuanciert, aber wenig experimentell. Margot Gödrös und Hartmut Stanke bringen eine ganz eigene Qualität auf die Bühne. Durch jedes brüchig gewordene Wort, jede zurückgenommene Bewegung ist noch die Substanz sichtbar, die sich die beiden Schauspieler durch jahrzehntelange Bühnenerfahrung erworben haben. Die Inszenierung findet für die Gruseleffekte der bürgerlichen Familie einen Ton, der komisch, aber nicht frei von Sehnsucht ist.

Was sich dieser stimmigen Inszenierung vorwerfen lässt, dass sie das Publikum schonen will und ihm das eigentliche, weniger versöhnliche Ende vorenthält.

Weitere Vorstellungen: 9. und 20. Dezember im Kleinen Haus des Theater Freiburg.

Annette Hoffmann

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